Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Dr. Bert Howald weist auf folgende aktuelle Rechtsentwicklung bezüglich arbeitsvertraglich geregelter Verfall- und Ausschlussfristen hin:
Ausschlussklauseln in Arbeitsverträgen sind nach neuerer Rechtsprechung intransparent, wenn sie den Leser davon abhalten können, Entgeltansprüche nach der PflegeArbbV weiterzuverfolgen, die nicht dem Verfall unterliegen. Dies hat das Bundesarbeitsgericht vor kurzem für die Fälle der Mindestentgelte nach der Pflegearbeitsbedingungenverordnung entschieden. Die Entscheidung führt zu folgenden grundlegenden Feststellungen:
Eine nach Inkrafttreten der PflegeArbbV vom Arbeitgeber im Anwendungsbereich dieser Verordnung gestellte umfassende Verfallklausel stellt die Rechtslage irreführend dar und ist geeignet, den durchschnittlichen Arbeitnehmer davon abzuhalten, den Anspruch auf das Mindestentgelt nach § 2 PflegeArbbV durchzusetzen. Sie kann nicht dahingehend ausgelegt werden, der Anspruch auf das Mindestentgelt nach § 2 PflegeArbbV werde nicht erfasst. Die Klausel ist vielmehr insgesamt wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB) unwirksam.
BAG v. 24.08.2016 – 5 AZR 703/15 = NZA 2016, 1539
Gilt dies auch für Mindestlöhne nach dem Mindestlohngesetz?
§ 3 S. 1 des Mindestlohngesetzes (MiLoG) lautet: Vereinbarungen, die den Anspruch auf Mindestlohn unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken oder ausschließen, sind insoweit unwirksam.
Das heißt: die Frage, ob der Anspruch überhaupt Gegenstand von Verfallklauseln sein kann, ist nicht ausdrücklich geregelt, ein Mindestlohnanspruch soll aber nach dem Gesetzeszweck nicht abbedungen werden können.
Die Konsequenz für solche Verfallklauseln ist nach der hier vertretenen Auffassung, dass diese intransparent sind (so auch ErfK-Franzen § 3 Rn. 3a).
Schriftform und arbeitsvertragliche Verfallklauseln:
Seit 01.10.2016 gilt § 309 Nr. 13 BGB nF:
„[E]ine Bestimmung in AGB [ist] unwirksam, durch die Anzeigen oder Erklärungen, die dem Verwender oder einem Dritten gegenüber abzugeben sind, gebunden werden
- an eine strengere Form als die schriftliche Form in einem Vertrag, für den durch das Gesetz eine notarielle Beurkundung vorgeschrieben ist oder
- an eine strengere Form als die Textform in anderen als den in Buchst. a genannten Verträgen oder
- an besondere Zugangserfordernisse.“
Das bedeutet, dass Ausschlussklauseln in Formulararbeitsverträgen unwirksam sein können, wenn sie die Geltendmachung der Ansprüche an eine strengere als die Textform knüpfen. Dies gilt allerdings nicht für sämtliche Klauseln, die bereits verwendet worden sind, sondern für bestimmte Klauseln: Nach Art. 229 § 37 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) ist die neue Regelung nur auf Schuldverhältnisse anzuwenden, die nach dem 30.09.2016 entstanden sind. Gleichwohl ist die Einführung des § 309 Nr. 13 BGB neuer Fassung Anlass für Arbeitgeber, über ihre Vertragsgestaltung nachzudenken.
Dr. Bert Howald
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht