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Verdeckte Arbeitnehmerüberlassung und Fiktion eines Arbeitsverhältnisses zum Entleiher?

Für den Auftraggeber eines so genannten Schein-Werkvertrags ist noch immer nicht restlos geklärt, ob dieser dem Risiko ausgesetzt ist, dass trotz Vorliegen einer Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis beim Verleiher ein Arbeitsverhältnis der überlassenen Arbeitnehmer fingiert wird (§§ 9, 10 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes). Gemeint sind Fälle, in denen zwischen dem Auftraggeber und Auftragnehmer auf dem Papier ein Werkvertrag für die Erbringung einer bestimmten Leistung geschlossen wird, die der Auftragnehmer mit eigenem Personal beim Auftraggeber erbringt, in der praktischen Durchführung dann aber letztlich eine Arbeitnehmerüberlassung erfolgt, etwa weil der Auftraggeber gegenüber dem Personal des Auftragnehmers weisungsbefugt ist.

Die Rechtsprechung war hier in der Vergangenheit nicht einheitlich.

Die 3. Kammer des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg hat in einer Entscheidung des Jahres 2015 die so genannte Fallschirmlösung gebilligt, nach der bei Vorliegen einer Vorratserlaubnis des vermeintlichen Verleihers kein Arbeitsverhältnis zum Entleiher fingiert wird, wenn die Arbeitnehmerüberlassung nur verdeckt erfolgte.

LAG Baden-Württemberg, Urt. v. 9.4.2015 - 3 Sa 53/14

So haben dies auch andere Kammern des Landesarbeitsgerichts gesehen.
LAG Baden-Württemberg, Urt. v. 7.5.2015 - 6 Sa 78/14
LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 08.09.2015 - 15 Sa 90/14
LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 12.08.2015 - 21 Sa 98/14

Die 4. Kammer des Landesarbeitsgerichts hatte in einer Entscheidung vom 03.12.2014 im Falle eines Entwicklungsingenieurs noch anders entschieden. Der Entwicklungsingenieur war bei der beklagten Firma Evobus in Mannheim seit 20.05.2011 ständig auf demselben Arbeitsplatz eingesetzt, allerdings durch verschiedene Drittfirmen. Diese verfügten zwar über eine Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis, das Vertragsverhältnis zum Entleiher war jedoch als Scheinwerkvertrag ausgestaltet.

LAG Baden-Württemberg vom 03.12.2014-4 Sa 41/14

Darüber hinaus waren auch andere Fälle in der Rechtsprechung publik geworden, die eine Fiktion eines Arbeitsverhältnisses annahmen. In der rechtswissenschaftlichen Literatur wird überwiegend vertreten, dass die verdeckte Arbeitnehmerüberlassung bei Vorliegen einer Überlassungserlaubnis nicht zu einem fingierten Arbeitsverhältnis zum Entleiher führt (siehe z.B. den Überblick bei Hamann/Rudnik: Scheinwerkvertrag mit Überlassungserlaubnis - Ein probates Mittel zur Vermeidung illegaler Arbeitnehmerüberlassung? Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht (NZA) 2015, Seiten 449 ff.).

In dem Referentenentwurf für eine Novelle des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes, welcher derzeit das Gesetzgebungsverfahren durchläuft, soll allerdings eine Bestimmung aufgenommen werden, die die Vertragsparteien dazu zwingen soll, Arbeitnehmerüberlassung ausdrücklich als solche zu bezeichnen und damit offen zu legen. Vor der Überlassung ist die Person des Zeitarbeitnehmers unter Bezugnahme auf diesen Vertrag zu konkretisieren. Ergänzt wird diese Offenlegungspflicht durch eine weitere Verpflichtung des Verleihers, dem Zeitarbeitnehmer vor der Überlassung jeweils darüber zu informieren, dass er bei dem Dritten (Einsatzbetrieb) als Zeitarbeitnehmer tätig wird. Ist entgegen diesen Vorschriften die Arbeitnehmerüberlassung nicht ausdrücklich als solche bezeichnet, wird in dem Referentenentwurf ein Arbeitsverhältnis zum Entleiher fingiert. Es bleibt abzuwarten, ob die Gesetzgebungsvorschläge tatsächlich in Kraft treten.

Dr. Bert Howald
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Anwaltskanzlei Gaßmann & Seidel, Stuttgart